Dankbarkeit. Seit heute Früh verspüre ich wieder tiefe Dankbarkeit in mir. Dankbarkeit für das, was grad ist. Für die Weite, die ich in mir erlebe. Für das „offen sein“. Und für die Lebendigkeit. Die Traurigkeit und der Nebel der letzten Tage scheinen passe.
Mir ist bewusst, dass Leichtigkeit nur ein temporärer Zustand ist. Dass es immer noch einen Haufen in mir gibt, der darauf wartet, abgetragen zu werden. Ein Haufen, der einem riesigen Schutthaufen gleicht. Von allem etwas. Rostig, verbogen, verbeult. Farbe, die abblättert. Holz, das einst ganz war und nun zersplittert ist, sodass ich aufpassen muss, dass ich mir keinen Schiefer einziehe. Zwischendurch Laubblätter, Äste, ja, sogar ein alter Schuh. Bücher, die schon bessere Zeiten erlebt haben. Denen bereits einige Seiten fehlen. Seiten, die nie wieder zurückkommen.
Akzeptieren was ist
Ich darf akzeptieren, dass ich Gedächtnislücken nicht mehr auffüllen kann. Und auch die Tatsache, dass ich doch nicht so gut innerlich aufgeräumt hatte, wie ich eigentlich dachte. Dass nicht alles recycelt und transformiert werden konnte. Dass es Anteile in mir gibt, die ich länger mit mir herumschleppe, als mir lieb ist. Die mich dann doch wieder in die Knie zwingen. Bis ich sie erkenne. Und erneut einen Versuch starte, sie zu beseitigen.
Beseitigen. Muss ich alles beseitigen? Muss alles in mir perfekt sein? Super sauber ordentlich zusammengeräumt? Wie im Außen? Wie zB in der eigenen Wohnung oder der englische Rasen im Garten? Ich dachte lange, dass es das sein muss. Perfekt sein. Bloß kein Chaos in mir. Denn sonst bin ich ja „falsch“. Und habe damit das Wesentlichste überhaupt übersehen. Die Leichtigkeit. Die Hingabe zum Leben und vor allem, die Hingabe zur Liebe. Die Hingabe zu mir. Zu meinen Anteilen. Die Hingabe zu den zusammengeräumten Bereichen und denen, wo noch die Altlasten liegen. Und dabei fast die Hingabe zur Kreativität verloren und den Mut, mich auszudrücken. Den Mut mich zu zeigen. Mit all meinem Potential.
Falsch fokussiert
Ich war so fokussiert darauf, die Altlasten zu beseitigen, dass ich vergessen habe, dass es in mir auch „wild“ sein darf. Lebendig. Feurig, wie die Sonne und kunterbunt, wie die Wiesen, auf denen ich mich mit meiner Kamera so gerne herumtreibe. Ich war so sehr darauf bedacht, ein klares Bild zu bekommen, dass ich die Schönheit des Wassers in mir, völlig übersehen habe. Da darf Wind sein. Da darf Sturm und Wut sein. Auch Traurigkeit. Aber bitte auch Leichtigkeit. Und vor allem eines: Dankbarkeit. Dankbarkeit für all das, was ist.
„Irgendwann realisierte ich tatsächlich, dass die Antworten alle in mir schlummerten und nicht draußen in der Welt zu finden waren. Dort konnte ich Menschen treffen, die mir neue Perspektiven aufzeigten. Den Schutthaufen der mein Potential verschüttete musste ich allerdings selbst beiseiteschaffen.“
Beim Spaziergang ist mir heute einmal mehr bewusst geworden, in welch unglaublich glücklicher Lage ich mich momentan befinde. Ich muss nicht mehr von 8-17:00 in einem dunklen Büro sitzen, während draußen die Sonne scheint. Ich entscheide wie viel ich arbeite. Und vor allem wann ich arbeite. Ich bin tatsächlich die Steuerfrau auf meinem eigenen Boot und ich habe es verdient, ein glückliches und nach meinen Werten erfülltes Leben zu führen.
Selbstvertrauen
Heute früh wurde mir die Frage gestellt: „Wie geht es dir?“ Die ehrliche Antwort lautet: Sehr gut. Ich habe es geschafft, mein Herz wieder zu öffnen, meine Mitte wieder zu finden und Leichtigkeit und Lebendigkeit hereinzulassen. Und vor allem eines: mir wieder den Druck etwas herauszunehmen. Ich habe es geschafft, mich aus meiner Opferrolle zu befreien und das Ego wieder ein wenig „gehen zu lassen“. Und damit einen weiteren großen Schritt in meiner ganz persönlichen Entwicklung gemacht.
Ich spüre, dass ich mir wieder mehr vertraue. Und meiner Intuition. Die ich niemals anzweifeln darf. Der Spaziergang war so ein schönes Beispiel dafür, dass es keine Zufälle gibt, sondern nur Magie. Ich bin meinen Krafttieren gefolgt. Dem Ruf der Krähen, die mir stets die Richtung zeigen.
„Je öfter wir uns mit Wertschätzung und Achtsamkeit begegnen, uns liebevoll annehmen wie wir sind, desto häufiger werden uns Menschen auf dieselbe Art und Weise gegenübertreten.“
Begegnungen
Einmal mehr bin ich dieser besonderen Frau begegnet. Wir haben uns schon paar Mal im Wald getroffen und mehrfach unterhalten. Sie hatte mich einst angesprochen. Heute saßen wir auf einer simplen Holzbank in der Sonne und sie erzählte mir davon, dass sie einst ein Dreiviertel Jahr in Brasilien gelebt hatte. Mit einem Diplomaten liiert war, der sie dann doch nicht heiraten wollte, da er sich in eine andere Frau verliebt hatte. Sie hätte schon gerne Kinder gehabt meinte sie. Und doch sei sie unendlich dankbar, für all das was sie erleben durfte. Durch ihn. In Paris habe sie gelebt und auch eine Weile in Amerika. Es sei alles so gekommen, wie es kommen sollte.
Jedes Mal wenn ich sie treffe habe ich das Gefühl, dass es eine Art Schicksalsbegegnung ist. Ich weiß noch nicht welche Rolle sie in meinem Leben spielen wird. Aber Zufälle gibt es keine. Man trifft immer zum richtigen Zeitpunkt die für einen richtigen Menschen.
Tiefsinnig
Bei ihr habe ich jedes Mal das Gefühl, wir könnten uns ewig unterhalten. Heute hat sie mir gesagt, dass sie kein Fan von oberflächlichen Gesprächen ist. Auch wenn wir hier grad so oberflächlich sprechen. „Ja, mir gehts genauso“ habe ich erwidert. Und in Gedanken hinzugefügt: „dennoch empfinde ich unser Gespräch nicht als oberflächlich sondern sehr interessant.“
Vielleicht frage ich sie einmal, ob sie mit mir einen Kaffee trinken gehen möchte. Wir haben festgestellt, wir lieben beide Eis. Sie kommt mir so bekannt vor. Erinnert mich irgendwie an mich. An eine ältere Version von mir. Ich kann nicht einschätzen wie alt sie ist. Auf jeden Fall um ein vielfaches älter als ich. Umso mutiger empfinde ich die Sache mit Brasilien. Sie sei immer unabhängig gewesen. Eine starke Frau. Vielleicht zu stark. Für diesen einen Mann. Ich weiß nicht ob sie mir damit etwas sagen wollte. Sie klang überhaupt nicht wehmütig. Sondern ehrlich und aufrichtig dankbar für alles, was sie erleben durfte. Am liebsten hätte ich sie umarmt. Und das Universum gleich mit. Für Begegnungen wie mit ihr.
© Nina Hrusa, 30. Januar 2020
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