#stayhome – alles wie immer?
Wirtschaftliche Folgen und emotionale Wellen. Vor ein paar Tagen hab ich noch zu meinem Partner gesagt „für mich ist trotz der Corona-Krise irgendwie fast alles wie immer.“ Home office wie sonst auch, regelmäßige Spaziergänge an der frischen Luft, ab und zu joggen, kochen, gemeinsam Zeit verbringen und das Leben genießen. Klingt luftig, locker, frei. Ein bisschen nach Urlaub und perfektem Leben. Ich muss gestehen, das war es tatsächlich bis vor ein paar Wochen. Wirtschaftlich lief es gut. Ich hatte ein tolles langfristiges Businessprojekt an der Hand, ein paar weitere Projekte in Aussicht, einige Reisen geplant und der Frühling stand auch schon in seinen Startlöchern. Ich war so glücklich wie schon lange nicht. Und dann kam Corona. Das Virus, das plötzlich alles veränderte.
Wer genau gelesen hat, hat vorher das Wort „fast“ im ersten Satz entdeckt. Fast. Es ist doch nicht alles wie immer. Plötzlich darf ich meine Oma und den Rest der Familie nicht mehr besuchen, nicht mehr in benachbarte Länder fahren, nicht mehr mit Freunden spazieren gehen und selbst Businessprojekte, bei denen es um einen leeren(!) Raum geht nicht mehr fotografieren. Letzteres fühlt sich richtig witzlos für mich an. Schräg und irgendwie saukomisch zu gleich. Wie ein Aprilscherz. Nur, dass es diesmal keiner ist.
Es ist die bittere Realität: Wenn es mit dem Lockdown langfristig so weiter geht, hat dies auch für mich wirtschaftliche Folgen. Mitunter steht dann auch mein Business vor dem Aus. Denn wer kann sich schon eine Fotografin leisten, wenn er/sie keinen Job und kein Einkommen mehr hat? Wer kauft Kunstobjekte wenn er/sie nicht einmal weiß, wie die nächste Miete gezahlt werden kann, geschweige denn, der nächste Lebensmitteleinkauf. Steigen doch bereits die Preise für die aktuell beliebtesten, haltbaren Produkte: Nudeln und Klopapier. Wer da mal nicht den Kopf hängen lässt…
Wirtschaftliche Folgen – die bittere Wahrheit
Auch wenn die Regierungen und die EU noch so viele Milliarden ins System einspeisen und verzweifelte Versuche wagen, der hiesigen Bevölkerung zu vermitteln, dass sie besagte Wirtschaft damit „retten“ werden bzw. möchten – die bittere Wahrheit wollen nur die Wenigsten wahrhaben. Und die lautet Veränderung auf allen Ebenen. Rezession und Inflation auf der wirtschaftlichen Ebene. Die noch offene Frage ist allerdings: wie weitreichend sind die Folgen und was kommt danach? Die perfekte, heile Welt? Gehen wir nach einer völligen Geldentwertung zurück zum Tauschhandel? Oder entwickeln wir uns persönlich und spirituell so sehr weiter, dass wir die Art und Weise des Wirtschaftens überdenken?
Fakt ist, so genau es weiß niemand. Es kann nur jeder seine Vermutungen zu den wirtschaftlichen Folgen der Corona-Krise darlegen. Aber um zu verstehen, dass das wirtschaftliche System so nicht bestehen bleiben kann, braucht man nicht zwingend ein Studium in Volkswirtschaftslehre oder ähnliches absolviert haben. Vielleicht ist ein solches Studium sogar hinderlich. Mitunter genügt auch ein Blick in die Historie vorangegangener Finanzkrisen, das Anschauen von YouTube Videos von sogenannten „Crash-Propheten“ bzw. QuerdenkerInnen, von denen sich viele eine sinnvollere Art des Wirtschaftens wünschen.
Klingt radikal? Ja, vielleicht bin ich das grad. Radix steht im Bereich der Biologie ja für die Wurzel einer Pflanze, oder der eines Nerves bzw. Körperorgans. Wenn der „Auslöser“ für die Krise schon ein Virus ist, warum nicht gleich bis an die Wurzeln gehen.
Vielleicht hängt mir auch manche/r das Attribut „Negativdenkerin“ oder „Verschwörungstheoretikerin“ an. Meint, dass es Bullshit ist, was ich da schreibe. Ich sag trotzdem nein. Es ist kein Bullshit. Ich würde mir einen „Haxen ausfreuen“ wenn ich mich irre. Das wär auf den ersten Blick sicher ein enormer Benefit für viele Menschen und würde temporär bestimmt eine Menge Sorgen und Ängste ersparen. Die Betonung liegt auf „temporär“. Langfristig gesehen denke ich nämlich anders darüber.
Die Ängste der Menschen
Auch wenn ich die bittere Wahrheit klar vor mir sehe – zugleich ist da ein kleiner Funke am Horizont. Ein Lichtblick. Das Wissen um die Tatsache, dass nach jedem Gewitter, jeder noch so langen, zähen Nebelphase irgendwann auch wieder die Wärme und der Sonnenschein kommt. Daran glaube ich genauso, auch wenn ich im Moment die innere Ohnmacht wahrnehme und auch die Traurigkeit fühle hinsichtlich der Menschen, die in Kombination mit dem Virus ihr Leben lassen mussten.
Ja, ich fühle mich traurig und bestürzt angesichts der aktuellen Lage. Zugleich ist da auch viel Mitgefühl in mir für die Sorgen der Menschen, die in den vergangenen Jahren wenig in die Selbstverantwortung gegangen sind und nur gelegentlich achtsam und bewusst gelebt haben. Einmal mehr habe ich den Eindruck, dass viele Menschen zu sehr im Überfluss oder im Außen daheim waren, anstatt in sich und nun in der häuslichen Quarantäne und Krisen-Situation umso mehr in ihren Ängsten gefangen sind.
Ich fühle die scheinbare Machtlosigkeit der Menschen und die Ungewissheit gegenüber all dem, was uns noch bevorsteht. Zugleich weiß ich auch, dass nur ein winzig kleiner Bruchteil davon, meine eigene Traurigkeit ist. Denn das, was ich im Moment mit aller Gewalt in mir spüre, ist der sogenannte „Weltschmerz“. Ängste, Sorgen und Traumata unzähliger Menschen. Traumata, die von Generation zu Generation weitergegeben wurden weil man nicht um sie wusste oder nicht den Mut hatte, sie zu fühlen und aufzuarbeiten.
Die emotionale Coronavirus Welle
Wie eine riesige emotionale Welle überkam es mich vorhin. Eine Welle, auf die ich nur gewartet habe, so innerlich ruhig war ich seit Ausbruch der Krise und dem angeordneten Lockdown. In mir herrschte quasi die Ruhe vor dem Sturm. Fast schon beängstigend, vor allem für meine hochsensiblen Anteile. Als sich die Welle in mir aufbaute, sah ich besagte Anteile schon vor ihr davonlaufen. Doch die Welle war zu stark. Die Anteile wurden mit aller Gewalt umgerissen und geflutet. Und der Rest gleich mit. Danach herrschte wieder eine angenehme Stille in mir. Die innerliche Ruhe und Stärke kehrte so schnell zurück, wie sie mir abhanden kam.
Die Welle ist durchgerauscht und ich bin nicht wie früher im Leid der Menschen ertrunken. Vielleicht lag es an dem Vogel, der mir gestern Nachmittag beim alleinigen Spaziergang fröhlich im Flug auf den Kopf geschissen hat. Bringt angeblich Glück. Oder wie in meinem Fall: Einen gehörigen Lachflash und innerliche Resilienz mit einer Portion Optimismus, dass wir nach der Krise und dem wirtschaftlichen Zusammenbruch ein neues, sinnvolleres Wirtschaftssystem aufbauen und auch der gesellschaftliche Wandel endlich auf allen Ebenen bei den Menschen Einzug hält.
Die Corona-Krise als Chance – Entschleunigung für alle
In den letzten Wochen war es auch hier am Stadtrand von Wien deutlich stiller. Teilweise wirkte es wie ausgestorben. Aber nur fast. Die Natur vermittelte mir das Gegenteil. Seit dem Lockdown ist überall intensiver Vogelgesang zu hören, im Wald sprießt der Bärlauch in Hülle und Fülle aus dem Boden und mir scheint, als würde die Natur das erste Mal seit einer Ewigkeit wieder so richtig atmen können. Und auch die Menschen wirken deutlich entschleunigter und trotz der Ungewissheit liebevoller und freundlicher. Sie grüßen und winken einander aus der Ferne zu und Väter haben plötzlich auch unter der Woche nachmittags Zeit, um mit ihren Kindern joggen zu gehen oder aus Ästen im Wald eine Hütte zu bauen.
Ich bin optimistisch, dass die Menschen an der Corona-Krise wachsen werden. Dass sie ihre Ängste überwinden und neue Wertvorstellungen entwickeln werden. Und ich glaube daran, dass sich auch der Fokus verändern wird. Weg vom Materialismus und dem ständigen getrieben sein, hin zu den schönen Dingen.
Bis dahin bleibe ich abgesehen von Joggen und Spaziergängen durch den Wald in der verordneten, häuslichen Quarantäne und wandle meinen Balkon in einen Biodiversitäts-Gemüsegarten um. Schreib nieder, was mich berührt und bewegt, male mir mein Leben a la Pipi Langstrumpf kunterbunt aus und arbeite an neuen Ideen und Projekten. #physicaldistancing #urbangardening
© Nina Hrusa, Wien, 6. April 2020
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